Die Gründung des Ordens der Minderbrüder
Giovanni Battista Bernardone, wie Franziskus mit bürgerlichem Namen hieß, wurde um die Jahreswende 1181/1182 geboren. Von seinen Eltern und Freunden wurde er liebevoll Francesco, der kleine Franzose, gerufen. Man kann davon ausgehen, dass Franziskus als Sohn des Petrus Bernardone, eines wohlhabenden Kaufmanns und Tuchhändlers, weitgehend sorglose Kindes- und Jugendjahre in Asissi verbrachte. Bald gehörte Franziskus zur lebenslustigen Jugend Asissis, die gerne Feste feierte. Bei einer kriegerischen Auseinandersetzung bei Collestrada zwischen den Städten Asissi und Perugia geriet Franziskus im November 1202 in Gefangenschaft, die mehr als ein Jahr dauern sollte. Sie wurde für Franziskus eine harte Erfahrung. Als er freigelassen wurde, war er krank und geschwächt.
Dieses Ereignis und die Begegnungen mit Bettlern und Aussätzigen änderten seine Lebenseinstellung grundlegend. 1208 hörte er das Evangelium von der Aussendung der Jünger durch Jesus (Matthäus 10,7-19). Von nun an sah er den Sinn seines Lebens in der Nachfolge Christi und in der Umsetzung des Evangeliums. Franziskus kehrte dem Reichtum den Rücken, sagte sich von seinem Elternhaus los und wandte sich den Bedürftigen und Kranken zu. Er begann ein Leben in Armut und Gebet.
Franziskus zog sich aber nicht in die Einsamkeit zurück, sondern begab sich unter die Menschen und begann das Wort Christi, das Evangelium, nach dem Vorbild der Apostel zu predigen. Bald fanden sich Gleichgesinnte, die sich ihm anschlossen. Dies war die Keimzelle der "Fratres minores" (Minderbrüder) wie die Gruppe um Franziskus bald genannt wurde. Aus dieser Bezeichnung entstand später der Name "Minoriten". Franziskus sah sich gezwungen, das Zusammenleben der Minderbrüder in Regeln zu fassen, die er 1209 Papst Innozenz III. vorlegte.
Dem Papst war das Spannungsfeld zwischen Arm und Reich nicht unbemerkt geblieben. Er erkannte den Ernst der Lage, dass sich die Kirche immer mehr von den Notleidenden entfernte. Es wird berichtet, der Papst habe geträumt, dass jemand kommen und die Kirche vor dem Untergang bewahren werde, Beim Erscheinen des armselig, nur in Kutten gekleideten Franziskus mit seinen Brüdern wurde dem Papst bewusst, dass nur er es sein konnte, der die Kirche retten sollte. Daher genehmigte Innozenz III. die vorgelegten Ordensregeln, wenn auch vorerst nur mündlich. Er wollte nämlich abwarten und sehen, wie sich der neue Orden weiter entwickeln würde.
Franziskus war ein gewaltloser Reformer, der fest auf dem Boder der katholischen Kirche stand. Die Stärke des Franziskus und seinen Brüdern zeigte sich darin, dass sie vorlebten, was sie predigten. Es waren keine leeren Worthülsen, die sie von sich gaben, sie überzeugten durch ihre Taten. Sie waren volksverbunden, bescheiden und lebten in Armut. Daher fanden Franziskus und seine Brüder großen Anklang bei allen Bevölkerugschichten. Immer mehr Männer schlossen sich der Gemeinschaft der Minderbrüder an sodass sich ihre Tätigkeit im Jahr 1216 schon über ganz Italien erstreckte. Beim Kapitel im Jahr 1218 zählte man bereits 5.000 Mitglieder. Wegen des starken Zulaufs sahen sie sich schon ein Jahr zuvor gezwungen, das Ordensgebiet in Provinzen und Kustodien zu unterteilen. Weiters fassten sie den Entschluss, das Wort Gottes aus außerhalb Italiens zu predigen.
1217 machte sich Giovanni de Penna mit 60 Mitbrüdern erstmals nach Deutschland auf. Die Reise war aber schlecht vorbereitet und die Brüder sprachen nicht deutsch. SIe scheiterten und mussten umkehren. Der zweite Versuch im Jahr 1221 mit 90 Mitbrüdern, die von Bruder Caesar von Speyer angeführt wurden, verlief erfolgreich, sodass bereits im Jahr 1222 in Worms die erste Ordesversammlung der "Frates minores" im deutschsprachigen Raum stattfinden konnte.
Aus: Szith, Festschrift "400 Jahre Wallfahrtskirche und Minoritenkonvent Mariahilf in Graz 1611 - 2011" (2011)