Allerheiligen!
Allerheiligen!
Das ist für uns in Eggenberg ein versteckter, idyllischer Ort mit einer langen, verborgenen Geschichte und diese Kirche, die vor genau 600 Jahren zum ersten Mal erwähnt wurde.
Viele kommen immer wieder hier her auf ihren Spaziergängen, um die Ruhe zu suchen, um auszuspannen, ein Konzert zu hören oder einen Gottesdienst mitzufeiern. Vielleicht ist diese Allerheiligenkirche nach 600 Jahren deshalb so beliebt, weil unser Alltag und die ganzen Lebensumstände heute sehr anstrengend und herausfordernd geworden sind. Oft höre ich - und ich kann es auch gut verstehen - dass manche von uns sagen: Ich kann nicht mehr! Ich mag nicht mehr. Ich möchte endlich meine Ruhe haben. Ich ziehe mich zurück.
Gerade in solchen Gefühlslagen zeigt sich für mich: Allerheiligen ist noch viel mehr als ein lauschiger Ort und eine schöne alte Kirche.
Allerheiligen verdeutlicht uns, dass wir nicht zu klein von uns und von Gott denken sollen. Heilige sind Modelle wie Leben gelingen kann in der Verbundenheit mit dem lebendigen Gott. Ja, manchmal sind Heilige unbequeme und seltsame Typen, aber durchaus krisenfeste Modelle dafür, was ein Mensch sein kann.
Drei Kraftfelder charakterisieren für mich glaubende, hoffende und liebende Menschen.
Glaubende sind Menschen, die hören können, hinhören. Sie kreisen nicht um sich selbst. Sie werden still und horchen auf die Natur, nehmen aufmerksam die Erde und das Wasser wahr, achten auf Blumen und Bäume, auf Tiere und Vögel, auf die anderen, die Fröhlichen und die Trauernden um sich und auf die Stimme des eigenen Herzens. Und zugleich sind glaubende Menschen auch solche, die gerne ein Lied anstimmen und vor Freude singen können.
Franziskus von Assisi ist für mich ein solch hörender und singender Heiliger. Im Aussätzigen, den er umarmt hat, ist ihm Christus begegnet, und bis in seine schwere und todbringende Krankheit hinein hat er den Sonnengesang angestimmt. In der Allerheiligenkirche ist er vorne links mit dem Kreuz dargestellt, das er in der Hand hält wie einen Anker für seine Freundschaft mit Jesus Christus.
Hoffende sind Menschen, die es an einem festen Ort aushalten können, sich zurückziehen, nicht jeden erdenklichen Vorteil auskosten müssen, nicht alles gesehen und erlebt haben müssen. Hoffende Menschen sind zugleich bereit unabhängig von ihrem Alter immer wieder aufzubrechen und neue Wege zu gehen. Teresa von Avila ist für mich eine solche Heilige. Sie ist als Jugendliche ins Kloster gegangen und hat eine intensive Freundschaft mit Jesus begonnen. Sie hat ihre mystische Erfahrung in der „Inneren Burg“ beschrieben. Als Karmelitin war ein einfaches Leben im Kloster ihr Programm. Doch sie war ein Leben lang unterwegs – für eine Frau damals sehr ungewöhnlich – und hat Klöster in ganz Spanien reformiert und gegründet und so geistliches und kirchliches Leben zu ihrer Zeit erneuert. In der Allerheiligenkirche ist sie vorne rechts zu sehen mit einem brennenden Herzen in der Hand, das für sich selber spricht.
Liebende sind Menschen, die ihre Mitte gefunden haben, die sich von Gott geliebt wissen, für die das befreiende Ja der Taufe wirksam geworden ist und die aus dieser Liebe heraus sich getrauen an die Ränder der Gesellschaft zu gehen. Mutter Teresa von Kalkutta war für mich eine solch liebende Frau, die sich der Sterbenden auf der Straße angenommen hat. Oder P. Florian von Bayern, der als Missionar im Norden Kenias sich für die Bildung und medizinische und geistliche Betreuung der Nomadenvölker eingesetzt hat, die unter großer Trockenheit leiden. Er ist letztes Jahr mit Mitte sechzig gestorben. 2004 habe ich ihn dort besuchen dürfen.
Glaube, Hoffnung, Liebe wirken auch hier und heute in und um uns. Menschen, die bereit sind miteinander das Leben in Familien, in anderen Formen der Partnerschaft, in verschiedenen Gemeinschaften oder allein zu teilen und füreinander verlässlich dazu sein, wirken heilsam. In unseren Pfarrgemeinden, in anderen Religionsgemeinschaften in unserer Stadt oder auch ungebunden von Religionen aber hellhörig dem eigenen Gewissen gegenüber, finden wir glaubende, hoffende, liebende Menschen mit Geist und Fantasie. Sie sind für mich das aktuelle Aller-Heiligen-Bild. Allerheiligen bringt zum Ausdruck, was wir im Glaubensbekenntnis beten: Ich glaube die Gemeinschaft der Heiligen. Einander Mut machen und Sinn zu stiften, das will auch das erweiterte Aller-heiligenbild vor der Kirche. Menschen aus unseren Pfarrgemeinden Schutzengel, Christkönig – achten Sie besonders auf unsere Ministrant:innen - und von unserer Partnerschaft mit Bom Jesus da Lapa erzählen welche Menschen, welche „Heilige“, sie motivieren und inspirieren für ihren Alltag.
Feiern wir heute – anlässlich des 600. Jahrestages der ersten Nennung dieser Kirche - Allerheiligen als ein Fest, das uns Mut macht, hinzuhören und zu singen, einen festen Ort zu suchen und bereit zu sein immer wieder aufzubrechen, in der inneren Mitte verwurzelt zu sein und bis an die Ränder unserer Gesellschaft zu gehen. Amen!