Das Überraschend Neue
Am Beginn unserer christlichen Tradition, am Beginn unseres Glaubens steht das Unerwartete, das Überraschende, das Neue. Tradition in unserem christlichen Sinne bedeutet, immer wieder das Neue im Glauben zu entdecken, das Überraschende, das Unerwartete. Das ist Ostern!
So ähnlich hat letzten Dienstag Prof. Peter Ebenbauer bei seinem Vortrag zum Thema: Ist die Liturgie noch zu retten? den Zuhörer:innen dargelegt, warum gerade unsere Gottesdienste dazu da sind, das Neue, das Unerwartete und Überraschende zu entdecken und nicht bloß immer dasselbe pflichtgemäß zu erfüllen.
Genau diese Überzeugung vom überraschend Neuen, das unseren Glauben ausmacht, finden wir in der heutigen Ostererzählung über die beiden Jünger auf dem Weg nach Emmaus. Viele von uns spricht diese Erzählung besonders an. Gerade in dieser Geschichte gelingt es uns, unser eigenes Fragen, Nachdenken und Zweifeln, unser Suchen und Finden im Glauben wiederzuentdecken.
Mit der Auferstehung Jesu hat niemand gerechnet, auch wenn der Glaube daran schon vorher im Volk Israel lebendig war. Jesu auf dem Weg nach Emmaus zu begegnen - damit haben die Jüngern nicht gerechnet, obwohl die Frauen schon davon erzählt haben. Mit dem Erkennen des auferstandenen Christus am Brechen des Brotes, haben die nicht gerechnet, die beim Letzten Abendmahl Jesu Deuteworte über Brot und Wein gehört haben.
Vielleicht geht es uns regelmäßig Mitfeiernden ähnlich. Wir haben schon so viele Predigten gehört und sind schon so oft zur Kommunion gegangen, was soll daran noch neu und unerwartet sein? Wir haben uns schon gut eingerichtet in unseren Gottesbildern und den Lieblingsansichten von Jesus. Wer will da noch ernsthaft etwas ändern daran?
Das heutige Evangelium lockt uns heraus aus unseren Glaubensgewissheiten und festen Bräuchen. Bleiben wir auf dem Weg nach Emmaus. Sprechen wir über unsere Enttäuschungen und Traurigkeit und erfahren wir wie der Auferstandene uns etwas zu sagen hat. Wenn wir sein Wort hören und er für uns zum Lebensbrot in der Kommunion wird, dann können wir Ihn auch in alltäglichen Begegnungen wiedererkennen. Dann sehen wir das Kind in der Straßenbahn mit neuen Augen, die freundliche Verkäuferin in der Bäckerei, den aufmerksamen Mechaniker, der mich auf ein wichtiges Detail bei meinem Fahrrad aufmerksam macht. Eine neue Welt blitzt in solchen Begegnungen auf, Spuren vom Reich Gottes, das Jesus gepredigt und vorgelebt hat und auch heute da ist. AMEN!