Ein Grund zum Feiern!?
Was haben wir heuer nicht schon alles „gefeiert“!? Den „Tag der Straßenkinder“, den „Murmeltiertag“, den „internationalen Welttag gegen weibliche Genitalverstümmelung“, den „Welttag der Kranken“, den „Tag der Allergien“. Diese Aufzählung ist nicht vollständig, im Internet findet man dazu viel Informationsmaterial. Manche dieser Tage haben ein sehr ernstes Thema, manche sind ernst gemeint, manch andere regen eher zum Schmunzeln an. Der Sinn solcher Tage liegt in meinen Augen darin, auf ein bestimmtes Anliegen aufmerksam zu machen oder eine Menschengruppe hervorzuheben. Inwieweit hier auch wirtschaftliche Facetten hineinspielen – Stichwort: Valentinstag – sei dahingestellt. Ach ja, und an diesem Wochenende ist Muttertag. Zu diesem Thema wurde schon viel gesagt, und es ist keines meiner Spezialthemen, auch wenn ich natürlich auch eine Mutter habe, aber selbst keine bin.
Daher widme ich mich einem anderen Thema und verknüpfe das mit diesen Tagen, die wir feiern können. Die meisten von uns sind getauft. Wir sind also Christ/innen. Ich kenne wenige Menschen, die ihren Tauftag feiern, einige, die ihren Namenstag feiern, die meisten begehen den Geburtstag in der einen oder anderen Weise. Die Lesung aus dem 1. Petrusbrief hat mich dazu gebracht, darüber nachzudenken, ob wir als Menschen, die uns zu Christus zugehörig fühlen und deren Auftrag es während unseres Lebens es ist, ihm immer ähnlicher zu werden, nicht jeden Tag einen ganz besonderen Tag haben. Klar, der wird es nicht in die Medien schaffen, die Florist/innen werden nichts daran verdienen. Und doch: dieser Text spricht von der unglaublich großen Würde, die uns zukommt, weil wir zu Christus gehören. Die Bilder wecken bei mir gleich Assoziationen an Verheißungen und Ereignisse im Alten Testament; der Eckstein aus dem Psalm 118 ist eines meiner Lieblingsbilder, weil es mich an Ostern erinnert, auch wenn ich mit Architektur und Bauwesen nicht viel am Hut habe. Heute würden wir das anders beschreiben, auch um manchen Missverständnissen, die hier lauern, zu entgehen.
Das wichtige an dem Bild in diesem Text ist das Haus, das für eine Gemeinschaft steht. Gerade diese Gemeinschaft ist es, was wir jetzt schmerzlich vermissen. Denn auch eine erlaubte Versammlung macht noch keine Gemeinschaft aus: es ist der Austausch, das leibhaftige Begegnen, was diese Gemeinschaft so wertvoll macht. Darauf werden wir noch einige Zeit verzichten müssen. Und ich frage mich: Haben wir nichts „gespeichert“? Niemand hätte sich diese Situation vorstellen können, und mir fällt es oft schwer, zu begreifen, was tatsächlich gerade geschieht. Und doch denke ich, dass wir reich beschenkt sind. Einerseits mit vielen Erinnerungen an gemeinsame Feste, Messen, Pfarrcafés etc. und andererseits ganz konkret durch das Wort Gottes, das uns nicht verlässt. Am Beginn des Kapitels ist von „geistiger Milch“ die Rede, wenn man es genauer übersetzt, wird daraus die „worthafte Milch“. Wir haben also täglich die Möglichkeit, mit Gott selbst in Kontakt, ja in Berührung zu kommen. Gott ist da im Wort, im Gebet, im Schweigen, in meiner Ohnmacht und Hilflosigkeit, in meiner Erinnerung, in der Gegenwart und sicher auch in der Zukunft.
Jeden Tag dürfen wir zu ihm kommen, wir dürfen auch immer wieder neu beginnen. Die heilige Priesterschaft erinnert mich an unsere Berufung zum Priestertum, die wir in der Taufe geschenkt bekommen. Wir können zuhause feiern, wir haben den Auftrag, wie ein/e Hirt/in auf unsere Nächsten zu schauen und wir sind dabei nicht allein. Wir dürfen anderen davon erzählen, aber wir dürfen auch anderen zuhören, was sie erleben, ihre Erfahrungen von der An- und Abwesenheit Gottes. Auch das ist missionarisch, wenn ich mich auf den anderen einlasse und an ihm die Frohe Botschaft neu und anders kennen lernen darf. Auch in Zeiten wie diesen und grundsätzlich an jedem Tag. Wenn das kein Grund zum Feiern ist?
Amen.
Elisabeth Fritzl