Gott stört!
Anders können wir den Inhalt der heutigen Lesung kaum beschreiben: Gott stört. Der Theologe Johann Baptist Metz, der mit 91 Jahren im vergangenen Dezember gestorben ist, hat eine sehr pointierte Definition von Religion aufgestellt. Er sagt: Religion ist Unterbrechung! Religion unterbricht unseren Alltag durch Sonn- und Feiertage. Religion unterbricht unser ängstliches Sorgen durch Vertrauen. Religion unterbricht unser Kreisen um uns selbst. Religion ist Unterbrechung und das ist heilsam. Gott stört – Gott sei Dank!
Abram und seine Frau Sarai haben alles, was sie brauchen. Sie sind reich geworden. Große Viehherden nennen sie ihr Eigen. Abram ist ein angesehener Mann, Sarai eine bekannte Schönheit. Sie haben aus menschlicher Sicht alles erreicht. Ja, leider haben sie keine Kinder, aber sonst fehlt ihnen nichts. Es ist alles bestens geregelt, auch schon die Erbfolge. Man könnte meinen es steht ihnen ein beschaulicher Lebensabend bevor. Aber dann, als Abram 75 Jahre alt ist, meldet sich Gott, der alte Störenfried. Aus heiterem Himmel sagt er zu Abram: Geh fort, fort aus dem Land, aus der Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus! Gen 12,1. Ohne große Erklärung, geh einfach. D.h. Alles aufgeben, übersiedeln, die sozialen Kontakte zurücklassen und ab ins Ungewisse. Das ist kein Urlaub, keine Kreuzfahrt. Es wartet kein 5 Sterne Hotel, eher das 1000 Sterne Hotel, das Leben unter freiem Himmel. Und Abram und Sarai gehen. Sie glauben und Glauben heißt, sich stören lassen, von Gott stören lassen.
Gott gibt Abram und Sarai, den Eltern des Glaubens, das Versprechen, dass sie in ihrem Aufbrechen zum Segen werden, zum Segen für die Menschheit.
Die Heimat verlassen, ganz neu anfangen, mit 75, eine neue Kultur kennenlernen, eine neue Sprache erlernen, das soll ein Segen sein? Unsere Vorstellungen und unsere Politik sind darauf ausgerichtet, dass wir die Heimat schützen und die Grenzen deutlich ziehen. Wir lassen uns nicht stören, auch nicht von Kriegsflüchtlingen aus Syrien. Die sollen dorthin zurück, woher sie kommen. Alles soll so bleiben wie es ist.
Gott stört! Nur, wenn wir bereit sind auf IHN zu hören, werden wir zum Segen. Glauben heißt, wachsam sein, hinhören und hinschauen und etwas tun für mehr Gerechtigkeit. Segnen kommt von signare, ein Signal, ein Zeichen setzen. Lassen wir uns stören von der Stimme Gottes in uns und zeigen wir Flagge, indem wir nicht unsere Ruhe suchen sondern das gute Leben für alle. Dann werden auch wir ein Segen sein. AMEN!
Wolfgang Schwarz