Tagung Hochaltrigsein als Herausforderung 2013: "Spiritualität und Religiosität im (hohen) Alter"
Hilft Religion im Alter? Wird man angesichts der eigenen Endlichkeit gottesfürchtiger? Stimmt er noch, der Satz „Mit dem Alter kommt der Psalter“? Wenn die Theologin Renate Wieser über „Spiritualität und Religiosität im (hohen) Alter“ spricht, wird rasch klar, dass alle diese Fragen sehr differenziert beantwortet werden müssen. Die Entwicklung des persönlichen Glaubens ist sehr unterschiedlich und stark von der je eigenen Biographie geprägt. Sie verläuft auch bei Männern und Frauen nicht gleich. Seit erst etwa 25 Jahren, so Wieser, finden Überlegungen zu Spiritualität und Religiosität überhaupt Eingang in die Alterswissenschaften, wird anerkannt, dass auch das eine Dimension von Gesundheit darstellt („Spiritual Care“).
„Gib den Jahren mehr Leben und nicht nur dem Leben mehr Jahre!“, zitiert Renate Wieser den deutschen Gerontologen Paul Baltes. Die Sinnfrage wird im Alter wichtiger – Religion ist nicht die einzige, aber eine wesentliche Antwortmöglichkeit. Als sinnstiftend bleiben dem Auditorium drei Gedanken in Erinnerung, mit denen Renate Wieser ihre Ausführungen schließt: „Pro-Aging statt Anti-Aging“ (Röm 8,38: Nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes); das Hoffnungsbild, „lebenssatt“ zu werden (Jes 65,19–20: Das himmlische Jerusalem); der „Eigen-Sinn“ des Alters: „… wir können in Heiterkeit ein Fragment sein.“ (Dietrich Bonhoeffer).
Nachdenkliche Gespräche dann beim Empfang des Grazer Bürgermeisters Nagl in der Pause und auf dem „Marktplatz“ mit Angeboten für Hochaltrige, bevor Karl Haas, Direktor i. R. des Pädagogischen Instituts und Gründungsmitglied von USL – aktion leben, in sehr persönlichen Worten seinen Zugang als hochaltriger Mensch zur Religion schildert. Voller Dankbarkeit blickt er auf sein Leben zurück, wissend, dass die Botschaft seines Alters sein Verhalten ist, weil es die je eigenen Werte sichtbar macht. „Lernen Sie, alt zu werden mit jungem Herzen!“, appelliert er an das Publikum. Auch für Elisabeth Pilz, Diözesane Alten- und Pflegeheimseelsorgerin der Evangelischen Kirche AB Steiermark, steht der Mensch im Mittelpunkt. Sie sieht in der (spirituellen und religiösen) Begleitung alter Menschen eine besondere Herausforderung, die viel Kraft, aber auch Wissen erfordert, und ermutigt alle, die sich haupt- und ehrenamtlich auf diesen Dienst einlassen. Silke Brunner, pastorale Mitarbeiterin im Pfarrverband Knittelfeld und Mitarbeiterin im Pflegezentrum Knittelfeld, erfährt den Glauben als wichtig für die alten Menschen. Er gibt, wie sie beobachtet, Halt und Hoffnung, so etwa in besonderen Gedenkgottesdiensten für jene, die schon verstorben sind. Beide Seelsorgerinnen betonen, dass schon allein das Da-Sein für die alten Menschen etwas bewegt: Einsamkeit wird gemildert, und manchmal führen einzelne Kontakte wie Brücken in die Gemeinschaft.
Der ebenso sensibel wie humorvoll von Wolfgang Sotill moderierte Nachmittag klingt auf ungewöhnliche Weise aus: Das von Karl Haas zitierte Lied „Hilf, Herr meines Lebens“ (Gotteslob 622), dessen vier kurzen Verse für ihn alle Sinnfragen menschlichen Lebens umreißen, wird gemeinsam von Podium und Auditorium gesungen.
Anna Hollwöger
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