Was bedeutet für Sie Liebe?
Natalie ist leibliche Mama von Conner, 6 Jahre, und Pflegemama von Emely-Melissa, 4 Monate alt und bereits mit 3 Wochen direkt vom Krankenhaus in die Familie gekommen. Zur Familie gehört auch noch die Hundedame Mila, eine kleingewachsene französische Bulldogge.
Was bedeutet LIEBE für dich?
Das ist eine interessante Frage. Für mich bedeutet Liebe dieses Bedingungslose, also jemanden zu nehmen wie er ist, ihn nicht verbiegen zu wollen und ihm das Gefühl zu geben, dass er so wie er ist, in Ordnung ist. Das Für-einander-Dasein, zuhören, einfach einmal nichts sagen, nebeneinander sitzen, sich in den Arm nehmen, dem anderen das Gefühl vermitteln, dass er etwas Besonderes ist und etwas wert ist. Das bedeutet Liebe für mich.
Wie vermittelst du jemanden das Gefühl, etwas Besonderes zu sein?
Beim Zuhören wenn jemand Sorgen hat. Oder ich denke da besonders an meine Kinder: Wenn der Conner mir etwas erzählt, dass ich ihm dann zuhöre und ihm das Gefühl gebe, dass seine Sorgen, seine Anliegen mir wichtig sind, ihm Lösungsvorschläge anbiete oder wir gemeinsam nach Lösungen suchen. Dass er danach das Gefühl hat: Okay, sie hat mich verstanden, sie hat mich lieb, sie ist für mich da.
Ich schreibe auch ein Buch für ihn. Wir erfinden gerne gemeinsam Geschichten und ich finde diese Geschichten so cool! (strahlt über das ganze Gesicht) Und da habe ich mir gedacht, ich schreibe sie auf und wir machen ein Buch daraus, mit Bildern. Da wird sein Gesicht und das von Emely und Mila, das ist der Hund, als Comic dargestellt. Es ist aber alles zeitaufwendig und kostet, mal schauen…
Gibt es jemanden, den du liebst?
Meine Kinder. Meine beste Freundin natürlich – wir sind wirklich seelenverwandt, wir brauchen teilweise nicht einmal ein Wort sagen und wissen, wie der andere fühlt und was er denkt. Also so etwas habe ich noch nie erlebt. Befreundet sind wir seit ca. 13 Jahren, aber richtig eng befreundet seit 6 Jahren.
Den Papa vom Kleinen, aber nicht romantisch, sondern als Familienmitglied, er gehört für uns nach wie vor zur Familie und das weiß der Conner. Es ist mir sehr wichtig, dass das Band zwischen Mutter, Vater und Kind bestehen bleibt, dass man keinen Keil dazwischen treibt oder stichelt – ich habe das selber erlebt und das ist nicht schön. Conner kann jederzeit zum Papa und er zählt ihn immer zur Familie dazu.
Eine männliche Person gibt es sonst nicht.
Aber Fitness ist halt meine wahre, große Liebe, meine Passion. Nach meinen Kindern ist das wirklich meine wahre Liebe.
Warum bezeichnest du das als wahre Liebe, was gibt dir das?
Ich fühle mich dann einfach stark und selbstbewusster, ich brauch das zum Auspowern. Es gibt mir Kraft und es ist immer da, wenn ich es brauche. Ich fühle mich dann einfach frei und ganz bei mir. Das ist auch mit Kinder super vereinbar. Wenn ich mich mit zwei Wörtern definieren müsste, dann wären diese Fitness und Familie.
Hast du das Gefühl, du bist geliebt/du wirst geliebt?
Ja. (lacht) Gott sei Dank! Auch von meiner besten Freundin und von meinen Freundinnen generell.
Ich bin da eher so, dass ich mir meine Familie selbst ausgesucht habe, weil familiär ist das eine ganz heikle Geschichte.
Und von meiner Pflegeschwester, die für mich mehr Familie ist als meine eigenen Schwestern. Sie ist zu uns gekommen, da war ich 10 und sie 11 und seitdem sind wir unzertrennlich, wir sind immer für einander da. Sie ist in schwierigen Verhältnissen aufgewachsen, hat es wirklich nicht leicht gehabt und ich habe die Beschützerrolle übernommen.
Wie merkst du das, dass du geliebt wirst?
Das bezieht sich halt eher wieder auf meine beste Freundin: Wieder das Bedingungslose, einfach wenn es einem nicht gut geht oder man etwas braucht, oder wenn man mal quatschen möchte über Gott und die Welt, oder zusammen lachen, einfach, dass man verstanden und akzeptiert wird. Also das habe ich lange nicht gehabt. Ich habe lange lernen müssen, mich selbst zu lieben, das war das Härteste überhaupt und ich kämpfe teilweise immer noch damit. Mittlerweile kann ich sagen, ich mag mich wie ich bin, ich liebe mich selbst. Das war sehr lang nicht der Fall, da war viel Selbsthass, aber den hab ich besiegt.
Meine Kinder zeigen mir, dass sie mich lieben. Aber am ehesten merke ich es von meiner besten Freundin. Wir sehen uns nicht oft, aber wir telefonieren jeden Tag und verbringen auf diese Weise Zeit miteinander und sind für einander da.
Möchtest du noch etwas dazu sagen?
Liebe ist für mich Familie, dieses Beisammensein, die Zeit miteinander. Dass man es einfach genießt, und nicht hektisch ist oder neidig. Meine Freundin ist für mich Familie und meine Kinder, auch die Familie vom Papa von meinem Kleinen, wir feiern auch alle Feste gemeinsam – Geburtstage, Ostern, Weihnachten.
Ich habe ein Burn-out hinter mir, Depressionen, Essstörung… Und ich habe mich damit beschäftigt, dass ich Dinge einfach geschehen lasse, bewusst wahrnehme, wie schön das ist und dass man nicht mehr braucht.
Erich (59) kommt aus Kärnten, ist gelernter Koch, hat eine Leidenschaft für Musik, besonders Gitarren, und lebt im VinziDorf Graz.
Was bedeutet LIEBE für dich?
Liebe bedeutet für mich Geborgenheit, gegenseitiges Einverständnis, Zusammenhalt. Das ist für mich Liebe. Ich liebe zB auch meinen Billy, meinen Hund, der darf aber da nicht wohnen. Mein Vater war sehr streng, aber meine Mutter sehr sehr lieb.
Wie war sie, die Mama, weil sie so lieb war?
Ach, die Mama hat immer gesagt: „Was der Papa sagt, das zählt nicht.“ Meine Mutter war Krankenpflegerin. Als mein Vater gestorben ist, ist sie nebenbei arbeiten gegangen, und sie hat alte Menschen betreut.
Gibt es jemanden, den du liebst?
Ja.
Möchtest du ein bisserl davon erzählen oder das eher für dich behalten?
Jetzt werde ich dir zeigen, wen ich liebe… auf facebook… Diese Frau liebe ich (zeigt mir stolz das Bild). Sie ist Ärztin, direkt in der Hauptstadt Brasilia. Sie wollte mir helfen bei meiner Krebskrankheit. Ich liebe sie und weiß nicht warum.
Hast du Kontakt mit ihr?
Ja, täglich… über WhatsApp.
Was gibt sie dir, was tut dir so gut dran?
Sie schickt mir jeden Tag ein Bussi.
Wie lange kennst du sie schon?
10 Jahre, seit 2011.
Wie habt ihr euch kennengelernt?
Über das Internet.
Kennt ihr euch auch persönlich?
Ja sicher! Sie hat mir ein one-way-ticket gesponsert. Ich hab gesagt, ich hab kein Geld für den Rückflug, da hat sie hat gemeint: „Zurück kannst eh schwimmen.“ (lacht)
Ich war sehr viel unterwegs, beruflich… Korsika, Italien, Spanien, Marokko, drei Jahre in New York. Es war wirklich eine sehr schöne Zeit. Ich hab mir ganz einfach die Welt angeschaut. Und was ich noch betonen möchte: Die Musik hat mich immer begleitet.
Das heißt, die Musik hat dir Halt gegeben, Kraft gegeben?
Ja.
Die Liebe zur Musik kann man jetzt zur Liebe zählen?
Nicht nur Musik hören, sondern auch spielen! Da schau… (spielt mir auf seiner E-Gitarre vor.)
Liebe - da hast du vorhin deinen Hund genannt…
Ich liebe Tiere extrem! Ich werde Tiere immer unterstützen. Zum Beispiel die Gina, die hab ich sehr geliebt, die ist 16 Jahre alt geworden. Der Billy, ein Rettungshund, so ein 45 kg-Kaiberl, gehört eigentlich zu den Neufundländern, er war schwarz wie Kohle, zu dem hab ich „Schneeball“ gesagt (lacht).
Hast du das Gefühl, du bist geliebt/du wirst geliebt?
(Schüttelt verneinend den Kopf.) Durch meinen Alkoholkonsum habe ich mir meine Beziehungen selber verhaut. Ich war dann auf dem Weg der Besserung und dann war ich krebskrank, da hat meine letzte Partnerin gesagt: „Mit dir kann man eh nichts anfangen, pfiat di.“ Das war 2013, seitdem bin ich solo. Alleinstehend, alleinlebend, Alleinversorger. Das hat mir wahnsinnig weh getan. Gewisse Damen waren in mich verliebt, aber ich hab gesagt: Nein, ich bin so schwer enttäuscht worden, das prägt. Ich hätte genug Damen kennengerlernt, einfach so, wenn man in die Stadt geht, da kommt man ganz einfach ins Reden. Nein, ich gehe keine Beziehung ein, weil ich von meiner letzten Partnerin so enttäuscht wurde. Dann wurde ich depressiv, und dann der große Rückfall zum Alkohol. Ich hab mir gedacht, ich brauch eine Auszeit. Dann bin ich ab nach Korsika, ich hab das in Klagenfurt nicht mehr geschafft. Es ist so: Du liebst einen Menschen und der lässt dich wie einen nassen Wettex fallen. Gegen eine gute Freundschaft ist nichts einzuwenden, aber keine Beziehung.
Mehrere Frauen lieben mich, aber ich bin zu feige darauf einzusteigen, weil ich Angst davor habe. Man hat mir zweimal so weh getan, du kannst dir das gar nicht vorstellen, und das möchte ich unbedingt vermeiden.
Ich hab in der Schweiz in einem Hotel gearbeitet, war dort auf Saison. Dann bin ich einen Tag zu früh zu meiner Frau nach Hause gekommen… Da sitzt einer in meinem Wohnzimmer, hat meinen Bademantel an und sauft mein Villacher-Bier… Das ist Tatsache. (ihm kommen die Tränen) Das hat mir schon weh getan.
Anton Novinscak (62) ist Seelsorger und Aushilfspriester in der Steiermark.Was bedeutet Liebe für Sie?
Liebe ist ein großes Wort, das verschiedene Gedanken in mir auslöst.
Ich denke an das Gefühl der Zuneigung und der Liebe in den Begegnungen mit Menschen meiner Lebensgeschichte. Ich meine, dass Liebe ein Beschenkt-werden und ein Sich-verschenken bedeutet.
Wie sieht dieses „Beschenkt-werden“ für Sie aus?
Dass ich liebe Menschen kennenlernen darf und die Vielfalt und Fülle des Lebens erfahren kann. Ich habe früher die Grenzen enger gedacht, das Leben hat jetzt viel mehr Farbe. Die Größe des Lebens habe ich in den letzten Jahren mehr erkennen dürfen, vor allem durch liebe Begegnungen. Auch durch das Gefühl, Freundschaft für jemanden zu empfinden. Mit dem Begriff „Freundschaft“ bin ich allerdings vorsichtig, es muss für beide Seiten passen und wachsen können.
Wie leben Sie dieses „Sich-verschenken“?
Das hat für mich mit Zeit schenken zu tun, nicht so sehr mit materiellen Dingen. Nach meiner Ansicht gehört zur wahren Liebe auch die Bereitschaft zum Verzeihen und zur Lebenshingabe dazu. Vertrauen und Liebe sind für mich zwei tragende Säulen des Lebens.
Haben Sie das Gefühl, dass Sie geliebt werden/geliebt sind?
Manche Menschen vermitteln mir das Gefühl, dass sie mich schätzen.
Woran erkennen Sie das?
Dadurch, dass sie in Worten sagen, dass sie dankbar sind, dass sie meine Gegenwart schätzen und dass ich sie begleiten darf – ich trage für diese Menschen Verantwortung. Auch merke ich das durch Rückmeldungen oder auch nach dem Gottesdienst, wenn mir gesagt wird, dass es gutgetan hat – sei es durch Worte oder durch das Mitfeiern in der heiligen Messe.
Von der Liebe Gottes fühle ich mich wirklich getragen in meinem Dasein für die Menschen. Bei Gott weiß ich mich ganz angenommen und geborgen.
Gibt es jemanden, den Sie lieben?
Es gab immer Menschen auf meinem Lebensweg, von denen ich begeistert war, zu denen ich mich besonders hingezogen fühlte. Das waren zB Menschen, Frauen und Männer, die mich für die Kirche begeistert haben – das war in jungen Jahren der Fall, in meiner Berufsfindungsphase. Das waren auch Menschen, die eine besondere Herzlichkeit und Fürsorge ausgestrahlt haben. Menschen, wo man spürt, da ist jemand da, der hat Zeit für dich, der interessiert sich für dich, der hat ein Herz für dich, wo man sich wohl- und angenommen fühlt.
Mit vielen lieben Menschen darf ich in Kontakt sein, dafür bin ich dankbar. Freundschaft ist ein großes Geschenk, sie erfordert Zeit und Treue. Es gibt derzeit keinen Menschen in meinen Lebensbereichen, den ich extra hervorheben möchte, aber es gibt einige Menschen, mit denen ich freundschaftlich verbunden bin – und darüber freue ich mich.
Interview: Margit Huber